ICE-Planung: Zähneknirschen bei den Grünen / Figaj: Bislang an der falschen Front gekämpft
Von Thomas Tritsch, Bergsträßer Anzeiger
Lorsch. Seit zwei Wochen steht fest: Die Deutsche Bahn bringt bei der Planung der ICE-Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim auch die so genannte Ostvariante ins Spiel. Vom Lorscher Bürgermeister wurde die Streckenführung wiederholt als Super-Gau betitelt. Auch bei den Grünen werden die konkretisierten Pläne mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Denn als Alternative zu einer siedlungsnahen östlichen Bündelung mit der A 67 diskutiert die Bahn die so genannte “Mannheim-Direkt”-Variante, die Lorsch hinter der Raststätte West verlässt und vorbei an Lampertheim-Neuschloss diagonal in Richtung Mannheim führen würde (Variante C).
Bei der Mitgliederversammlung sprachen die Grünen von der Wahl zwischen Pest und Cholera: Von der Ostvariante wäre die Stadt Lorsch direkt betroffen, daher wird eine solche Führung ausschließlich als Tunnellösung akzeptiert. Im Falle einer Diagonaltrasse würde ein wertvolles europäisches Wald- und Naturschutzgebiet zerschnitten. Die Grünen hatten sich bisher wiederholt gegen die C-Variante positioniert. “Die Bahn wird sich zwischen diesen beiden Möglichkeiten entscheiden”, so Thilo Figaj, der für die Bergsträßer Grünen in der Regionalplanung Südhessen sitzt. Am 12. Februar hatte sie ihre aktuellen Planungen konkretisiert und damit nicht nur in Lorsch für Aufsehen gesorgt. Das ehemalige Ziel einer Bündelung mit der A 5 wird offenbar nicht weiter verfolgt. Auch ein Tunnelbau sei laut Figaj keine realistische Option für das Unternehmen.
“Das alles bestätigt mich in der Auffassung, dass wir seit Jahren an der falschen Front gekämpft haben.” Die Bergsträßer Partner hätten von Beginn an anders argumentieren müssen, sagte der stellvertretende Fraktionssprecher. Spätestens jetzt sei es an der Zeit für klare Worte: Wenn sich Lorsch heute für eine Bündelung an der A 67 ausspreche, dann bedeute das in jedem Fall ein Votum für die ungeliebte Ostvariante. Eine westliche Trasse sei derzeit außer Reichweite. Die C-Variante werde von der Bahn bevorzugt, weil der Weg durch den Wald kürzer ist als bei der Bündelungsvariante entlang der Autobahnen. Dies habe aber nicht nur wirtschaftliche Gründe: Eine Diagonaltrasse würde auf etwa zwei Kilometern Länge FFH- und Vogelschutzgebiete durchqueren, während der Eingriff in die Wälder im Falle einer Ost- oder Westtrasse um ein Vielfaches größer ausfiele.
Aus der Perspektive des Naturschutzes erscheine die Variante der Bahn demnach als die verträglichste. Viele Naturschützer und auch die Lampertheimer Bürgerinitiative BILA widersprechen. Aus deren Sicht ist es erheblich weniger dramatisch, in die Waldgebiete entlang der A 67 einzugreifen. Insofern stehen sich auch die Interessenlagen von Lorsch und Lampertheim direkt gegenüber: Zerschneidungsvariante oder Ost-Trasse? Eine für beide Seiten befriedigende Lösung scheint nach aktuellem Sachstand unmöglich. Eine rechtlich relevante Fußnote ist die Tatsache, dass weder die C- noch die Ostvariante im Raumordnungsverfahren von 2004 geprüft wurden. tr
Bergsträßer Anzeiger
26. Februar 2010
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